IVD West kann, würde eine Verengung der Gut - achtermethodik auf ein bestimmtes Er- mittlungsverfahren die Anforderungen an die Feststellungslast überspannen. Im Anschluss an diese Entscheidung haben viele Steuerpflichtige sich bemüht, mit Hilfe eines auf die ImmoWertV ge- stützten Gutachtens eine kürzere Rest- nutzungsdauer glaubhaft zu machen. Da die Entscheidung des BFH zu einer Um- kehrung des in § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ent- haltenen Regel-Ausnahmeverhältnisses führen würde, hat die Finanzverwaltung mit dem Regierungsentwurf für das Jah- ressteuergesetz 2022 die Abschaffung des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG vorgeschlagen. Dem hat sich der Finanzausschuss des Bundestags jedoch nicht angeschlossen, sodass die Vorschrift weiterhin in Kraft ist. Mit Schreiben vom 22. Februar 2023 hat die Finanzverwaltung eine Anweisung zur Anwendung des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG veröffentlicht. Maßgebliche Kriterien Die Nutzungsdauer eines Gebäudes wird durch die technische, wirtschaftliche und rechtliche Nutzungsdauer bestimmt. Aus- zugehen ist grundsätzlich von der techni- schen Nutzungsdauer des Bauwerks, also dem Zeitraum, in dem sich die Substanz des Gebäudes abnutzt. Ist die wirtschaft- liche Nutzungsdauer ausnahmsweise kürzer als die technische Nutzungsdauer, kann der Steuerpflichtige sich darauf berufen. Wird die Nutzungsdauer des Gebäudes durch rechtliche Gegeben - heiten begrenzt, ist dieser Zeitraum maß- geblich. Denn als Nutzungsdauer gilt der Zeitraum, in dem das Gebäude voraus- sichtlich seiner Zweckbestimmung ent- sprechend durch den Steuerpflichtigen genutzt werden kann. Ausgangspunkt für die Beurteilung des technischen Verschleißes ist die Nut- zungsdauer der Tragstruktur des Gebäu- des (Dachkonstruktion, tragende Innen- und Außenwände, Geschossdecken und Fundament). Für die Annahme einer kürzeren technischen Nutzungsdauer genügt es nicht, dass lediglich einzelne unselbstständige Teile des Gebäudes erneuert oder ersetzt werden müssen. Dies genügt auch dann nicht, wenn der hierfür erforderliche Aufwand zu einer wesentlichen Verbesserung des Ge - bäudes führt und deshalb steuerlich als 24 IVD Immo Professional West 4/2023 Herstellungskosten zu behandeln ist. Erforderlich ist vielmehr, dass durch den technischen Verschleiß der Tragstruktur des Bauwerks dessen Nutzungsfähigkeit in seiner Gesamtheit beeinträchtigt ist (BFH, Beschluss vom 10.Juli 2015 – IX R B 34/15, BFH/NC 2002, S. 1429). ImmowertV von 80 Viele Gutachten, die mir vorgelegt wur- den, beschränken sich zur Berechnung der Restnutzungsdauer auf die Berech- nungen, wie sie für Verkehrswertgut - achten nach der ImmoWertV vorgenom- men wird. Die Gutachter sind von einer Gesamtnutzungsdauer nach der Anlage 1 zur (für Wohn - gebäude) Jahren ausgegangen und haben davon das Lebensalter abgezogen. Anschließend haben sie geprüft, ob Mo- dernisierungsmaßnahmen durchgeführt wurden und ggf. unter Anwendung der Anlage 2 zur ImmowertV eine verlängerte Nutzungsdauer errechnet (früher Anlagen 3 und 4 der Sachwertrichtlinie vom Sep- tember 2012). Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist ein solches Gutachten, das sich lediglich auf die Restnutzungsdauer und die Gesamt- nutzungsdauer nach der ImmoWertV beruft, jedoch nicht ausreichend. Denn die Gesamtnutzungsdauer und die Rest- nutzungsdauer nach der ImmoWertV entsprechen nicht der tatsächlichen Ge- samt- bzw. Restnutzungsdauer eines Gebäudes, sondern sind Modellansätze, die nur im Kontext einer Verkehrswert - ermittlung zu sachgerechten Ergebnissen führen. Eine isolierte Verwendung der Modellansätze der ImmoWertV zum Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer i. S. des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht sachgerecht. Durch das Gutachten muss vielmehr konkret dar - gelegt werden, dass der Verschleiß der Tragstruktur des Gebäudes dazu führt, dass die restliche Nutzungsdauer kürzer ist, als sie dem AfA-Satz zugrunde liegt. Nachweis Der Nachweis ist durch Vorlage eines Gutachtens zu erbringen, das von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sach- verständigen für die Bewertung von be- bauten und unbebauten Grundstücken erstellt ist oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkre- ditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind. Wirtschaftliche Begrenzung der technischen Nutzungsdauer Eine mit einer wirtschaftlichen Entwer- tung begründete kürzere tatsächliche Nut- zungsdauer kann der AfA nur zugrunde gelegt werden, wenn das Gebäude vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht ist. Vor- aussetzung ist, dass die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen (anderweitigen) Nutzung oder Verwertung endgültig ent- fallen ist ( BFH, Urt. vom 4. März 2008 – IX R 16/07- BFH/NV 2008, S. 1310). Sonderfälle Abbruchabsicht Die Absicht, ein zunächst noch genutztes Gebäude abzubrechen oder zu veräußern, rechtfertigt es nicht, eine kürzere Nut- zungsdauer zugrunde zu legen. Eine Ver- kürzung der Nutzungsdauer kann erst angenommen werden, wenn die Vorbe- reitungen für den Abbruch des Gebäudes so weit gediehen sind, dass die weitere Nutzung so gut wie ausgeschlossen ist (BFH, Urteil vom 8. Juli 1980- VIII R 116/79, BStBl. II 1980, S. 743). Besondere Betriebsgebäude Für bestimmte betrieblich genutzte Ge- bäude, wie z. B. Beispiel Hallen in Leicht- bauweise oder bei Ställen und Schuppen, kann sich entsprechend der Bauart, der Bauweise und der Nutzung eine kürzere Nutzungsdauer aus den amtlichen AfA Tabellen ergeben. Selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter Die Abschreibung von bestimmten Ge- bäudeteilen, die selbständige unbeweg - liche Wirtschaftsgüter sind (wie zum Beispiel Ladeneinbauten, Schaufenster- anlagen und Gaststätteneinbauten, die nicht als Betriebsvorrichtungen oder Scheinbestandteile zu behandeln sind, sowie sonstige selbständige unbeweg - liche Gebäudeteile (R. 4.2 Abs. 3 Satz 3 EStR)) kann nach den in den amtlichen AfA-Tabellen enthaltenen Richtwerten bemessen werde. Wenn der Steuerpflich- tige eine von den amtlichen AfA-Tabellen abweichende Nutzungsdauer geltend macht, muss er entsprechende Gründe